Die Vielfalt macht’s. Bericht vom Hohlweg-Rundgang mit dem Biologen Sebastian Ratz
Sebastian Ratz, Biologe in einem Büro für Tier- und Landschaftsökologie, gab am 11. April viele wertvolle Informationen und Pflegehinweise. Hohlwege sind Erosionsrinnen. Sie zeichnen sich aus durch eine Vielfalt an geologischen und klimatischen Bedingungen. Der Wechsel von Sonne und Schatten, zwischen offenem und bewachsenem Boden führt zu einem kontrastreichen Mosaik unterschiedlicher Lebensräume, was wieder die Vielfalt der Tier- und Pflanzenwelt fördert.
Mit zunehmender Erosion steigt in Hohlwegen die Artenvielfalt, da neue ökologische Nischen entstehen. Warme und trockene Böden etwa bieten ideale Bedingungen für wärmeliebende Insekten. Schattige oder nährstoffreiche Stellen bieten anderen Arten ein Habitat. Auch die vom mergelig-tonigen Fließboden geprägten Hohlwege am Tübinger Spitzberg sind deshalb wertvolle Refugien für spezialisierte Tier- und Pflanzenarten.
An besonnten Stellen erwärmen sich Hohlwege tagsüber stark – und kühlen durch den abendlichen Luftzug rasch wieder ab. Besonders die Gipswände wirken dabei als nächtliche Wärmeinseln und ziehen Insekten wie Wildbienen und Spinnen an. Hohlwege sind auch Rückzugsorte. Viele Arten profitieren vom Windschutz der Böschungen. Reptilien wie Eidechsen oder Blindschleichen benötigen strukturreiche Deckung wie Totholz, kleine Gehölze oder Steinhaufen.
Bleiben Hohlwege ungenutzt und ungepflegt, droht eine Eutrophierung: Nährstoffliebende Pflanzen wie Brennnessel, Knoblauchrauke, Schöllkraut und Holunder breiten sich aus und verdrängen Hohlweg-typische Arten. Besonders problematisch ist die Robinie: Als trockenheitsresistente, stickstoffbindende Pionierpflanze bildet sie durch Wurzelausläufer dichte, dominierende Bestände, die die Standortbedingungen stark verändern und die heimische Flora verdrängen.
Als geschützte Biotope benötigen Hohlwege eine gute und regelmäßige Pflege. Sie ist entscheidend, um die Biodiversität zu erhalten. Die Entfernung invasiver Arten wie Robinie, die Förderung der Strukturvielfalt und der Erhalt offener, nährstoffarmer Bereiche sind essenziell, um diesen einzigartigen Lebensraum am Spitzberg langfristig zu bewahren. Danke an unseren Referenten!
Pflegehinweise für Hohlwege: Landschaftspflegekonzept Bayern, Bd. II. 11 „Agrotope. Raine, Ranken, Hohlwege, Weinbergmauern, Steinriegel usw.“ (1. Teilband) 1997